Malleus A24.0

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Co-Autor: Dr. med. Conrad Hempel

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Zuletzt aktualisiert am: 01.11.2019

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Synonym(e)

Akuter Hautrotz; Dermatitis malleosa; glanders; Glanders; Hautrotz; Hautwurm; Mürde; Nasenrotz; Rotz; Rotzkrankheit

Erstbeschreiber

Rayer, 1837; Loeffler u. Schütz, 1882

Definition

Rotz ist eine Infektionserkrankung der Unpaarhufer (Perissodactyla), speziell jedoch der Equidae durch Burkholderia mallei, ein Gram-negatives, aerobes, nichtmotiles Bakterium (Smith ME et al. 2019). Die Hauptwirte für Burkholderia mallei sind Pferde, Esel sowie deren Kreuzungsprodukte (Kettle AN et al. (2016). Auch das Zebra ist als potentieller Wirt einzustufen. Ebenso ist durch die Internationalisierung des Reitsports das Auftreten der Rotzinfektion auch in Europa wieder möglich (Kettle AN et al. 2016). Bei engem Kontakt zu infizierten Unpaarhufern können sich außer dem Menschen auch weitere Säuger-Spezies infizieren (z.B. Kamele seltener Hunde, Katzen und Ziegen).

Vorkommen vor allem in Asien, Südamerika und Afrika. Selten beim Menschen auftretende Zoonose.

Erkrankung und Todesfall sind meldepflichtig (s.u. Meldepflicht).

Erreger

Burkholderia mallei (gramnegatives, stäbchenförmiges, aerobes Bakterium)

Vorkommen/Epidemiologie

In Deutschland trat der letzte Fall bei der heimischen Equidenpopulation 1955 auf, der letzte Krankheitsfall 1995, und die letzte Rotzerkrankung beim Menschen wurde in Deutschland 1973 diagnostiziert. Zwischen 1996 und 2003 kam der Rotz der Equiden in Bolivien, Brasilien, Eritrea, Äthiopien, Iran, Lettland, der Mongolei, Myanmar, Pakistan, der Türkei und Weißrussland vor. In Brasilien ist die Rotzerkrankung von Tieren  nach wie vor ein bedeutendes veterinärmedizinsiches und ökologisches Problem (Fonseca-Rodríguez O et al. 2019). Im gleichen Zeitraum wurde von Fällen humaner Rotzerkrankung aus Kamerun, Curaçao, Sri Lanka, der Türkei und den USA (Laborinfektion) berichtet. 2007 wurden aus Indien (Kaschmir)und Russland (Südostsibirien) erneut Ausbrüche von Rotz bei Pferden bekannt.

Ätiopathogenese

Übertragung des Erregers vor allem durch Kontakt mit Nasen- und Geschwürsekret erkrankter Tiere. Die Hauptinfektionsherde sind Pferde, durch die der Mensch direkt infiziert wird (nasales Sekret oder Fleisch krankerr Tiere). Insofern erkranken v.a. Pferdewirte, Landwirte, Tierärzte u.a.  

Klinisches Bild

Inkubationszeit wenige Tage bis zu 2-3 Wochen. Je nach Verlauf werden vier Formen unterschieden:

  1. Akute fulminante Form: Plötzlicher Beginn mit Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen.
  2. Akuter Hautrotz (Dermatitis malleosa): Entzündlich gerötete Schwellung; häufig zentrale Pustel an der Inokulationsstelle. Umwandlung in gezacktes, unterminiertes, eitrig belegtes Ulkus = Primäraffekt mit schmerzhafter regionaler Lymphangitis acuta und Lymphadenitis. Generalisierung mit schweren Allgemeinsymptomen. Schubweise Entwicklung makulöser, später bullöser oder pustulöser, geschwürig zerfallender Läsionen (Rotzgeschwüre). Schleimhautbefall. Letaler Ausgang in der 2. bis 3. Krankheitswoche bei Beteiligung innerer Organe.
  3. Chronische Form: An Gesicht Runpf und/oder Extremitäten, schleichende Entwicklung ulzerierender, sportrichoider Knoten und schlecht heilender Ulzerationen. Begleitende Glieder- oder Gelenkschmerzen. Schleimhaut: Infiltration, Abszesse, Ulzerationen, Mutilationen = Malleus mutilans. 
  4. Primärer Nasenrotz: Eintrittspforte: Nasenschleimhaut. Schwellung, Pusteln, Geschwüre, zähe, blutig-eitrige Sekretion. Die Nasenatmung wird unmöglich. Deszendieren der Veränderungen, Erstickungsgefahr, Sepsis.

Diagnose

Erregernachweis: Abstrich, Kultur; positiver Agglutinations- und Komplementbindungstest ab dem 20. Tag.

Therapie

Systemische Antibiotikatherapie nach Antibiogramm ist erforderlich, ggf. auch über lange Zeiträume. Zudem Anwendung von antiseptischen Externa, z.B. mit antiseptikahaltigen Aufschlägen und Verbänden.

Empfohlen werden Sulfonamide (Sulfadiazin in einer Dosierung von 120mg/kgKG/Tag parenteral über 2-3 Wochen).

Alternativ: Ceftazidim 120mg/kgKg in Kombination mit Trimethoprim 8mg/kgKG und 40mg/kgKg Sulfmethoxazol.  

Therapeutische Hoffnungen beziehen sich auf die Entwicklung einer wirksamen Vakzine für Rotz und Melioidose (Johnson MM et al. 2017).

Hinweis(e)

Wegen seiner Humanpathogenität (Saikh KU et al. 2017), seiner Resistenz gegen zahlreiche Antibiotika (Rhodes KA et al. 2016) und seiner potentiell hohen Kontagiosität ist Burkholderia mallei als biologischer Kampfstoff der Klasse B eingeordnet (Smith ME et al. 2019).

Literatur
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  1. Boerner P (1882) A preliminary report on work by the Imperial Health Care Office leading to discovery of the glanders bacillus. Dtsch Med Wschr 52: 707-708
  2. Fonseca-Rodríguez O et al. (2019) Spatiotemporal Analysis of Glanders in Brazil. J Equine Vet Sci 78:14-19.
  3. Johnson MM et al. (2017) Vaccines for the Prevention of Melioidosis and Glanders. Curr Trop Med Rep 4:136-145.
  4. Kettle AN et al. (2016) Glanders and the risk for its introduction through the international movement of horses.Equine Vet J 48:654-658.
  5. Rayer PFO (1837) De la morve et du farcin chez l’homme. Baillière, Paris
  6. Rhodes KA et al. (2016) Antibiotic resistance in Burkholderia species. Drug Resist Updat 28:82-90.
  7. Saikh KU et al. (2017) Innate immune response to Burkholderia mallei. Curr Opin Infect Dis 30:297-302.
  8. Smith ME et al. (2019) Glanders And Melioidosis. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing.
  9. Smith ME et al.(2019) Biologic Warfare Agent Toxicity. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2019

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