Urtikaria aquagene L50.8

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 07.07.2022

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Synonym(e)

Aquagene Urticaria; Aquagene Urtikaria; Aquagenic urticaria; Urticaria aquagene; Wasserkontakturtikaria; Wasser-Kontakturtikaria; Wasserurtikaria

Erstbeschreiber

Rawnsley u. Shelley, 1964

Definition

Seltene (bisher wurden etwa 100 Fälle dokumentiert, von einer deutlich höheren Zahl ist auszugehen) Unterform der physikalischen Urtikaria, bei der das Auftreten von stecknadelkopfgroßen, geröteten, follikulären Papeln im Kontaktbereich nach Wasserkontakt typisch ist. Auftreten häufig erst nach längerem Kontakt mit Wasser (innerhalb von 2–30 Min. nach Kontakt), s.a. aquagener Pruritus.

Ätiopathogenese

Unklar. Bildung eines Histaminliberators durch den Kontakt von Wasser und Talg wird diskutiert. Inwieweit eine assoziierte Laktoseintoleranz ätiopathogenetisch bedeutsam ist, ist derzeit noch ungeklärt.

Vereinzelt beschrieben wurde eine Assoziation zwischen familiärer aquagener Urtikaria und dem Bernard-Soulier Syndrom (BSS). Hierbei handelt es  sich um eine seltene autosomal rezessive Gerinnungsstörung, die durch eine Mutation der GPIb-IX-V Komplex-Gene gekennzeichnet, die auf den Chromosomen 17p12,22q11.2, 3q21 lokalisiert sind und für einen „ Blutplättchen-Rezeptor“  für den  von Willebrand Faktor (vWF) kodieren (Pitarch G et al. 2006; s.u. Thrombozyt). Der Zusammenhang ist ungeklärt.

Manifestation

Meist sind Jugendliche und junge Erwachsene betroffen.

Lokalisation

Bevorzugt ist der Oberkörper betroffen, selten das Gesicht und untere Extremitäten. Nie an Palmae und Plantae (Fehlen von Talgdrüsen) auftretend. Ausschließlich Hautareale, die mit Wasser Kontakt hatten, können Hautveränderungen entwickeln.

Histologie

Superfizielle perivaskuläre Dermatitis mit Eosinophilen, Neutrophilen, Lymphozyten und einigen Mastzellen. Kräftiges dermales Ödem.  

Diagnose

Ohne Wasserkontakt bleiben die Tests negativ.

Testversuch durch Auflage nasser, körpertemperierter Tücher für 20 min auf die Haut. As Auftreten juckender Quaddeln gilt als positives Testergebnis.

Therapie allgemein

Prophylaxe ist zugleich Therapie, d.h. Meiden längerfristiger Wasserkontakte (z.B. Baden, Spülen). Alternativ: Der Versuch des Hardenings durch tgl. Duschen ist möglich, s.a. Pruritus, aquagener.

Externe Therapie

Intensive Körperpflege mit stark fettenden und rückfettenden Externa wie z.B. Linola Fett, Asche Basis Salbe oder Ungt. Cordes vor und unmittelbar nach Wasserkontakt. Bei ausgeprägtem Pruritus sind kurzfristig milde Glukokortikoid-haltige Salben oder Fettsalben, z.B. 0,25% Prednicarbat (z.B. Dermatop Salbe/Fettsalbe), 0,1% Methylprednisolon (z.B. Advantan Salbe), erlaubt.

Bestrahlungstherapie

Versuche der Kombination von PUVA-Therapie und Wasserbadbehandlungen sind beschrieben.

Interne Therapie

Schlechtes Ansprechen auf Antihistaminika. Ggf. Versuch mit Levocetirizin (z.B. Xusal) 1-2 Tbl./Tag oder Desloratadin (z.B. Aerius) 1-2 Tbl./Tag. Therapieversuche mit H2-Blockern, Acetylsalicylsäure, Cholestyramin und Eisensubstitution sind beschrieben.

Literatur
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  1. Bayle P et al. (2003) Localized aquagenic urticaria: efficacy of a barrier cream. Contact Dermatitis 49: 160-161
  2. Hecke E (1981) Wasserkontakturtikaria. Hautarzt 32: 532–534
  3. Parker RK et al. (1992) Aquagenic urticaria. Cutis 50: 283–284
  4. Pitarch G et al. (2006) Familial aquagenic urticaria and bernard-soulier syndrome. Dermatology 212:96-97.
  5. Savoia A et al. (2014) Spectrum of the mutations in Bernard-Soulier syndrome. Hum Mutat 35:1033-1045
  6. Shelley WB, Rawnsley HM (1964) Aquagenic urticaria. Contact sensitivity reaction to water. JAMA 189: 895-898
  7. Treudler R et al. (2002) Familial aquagenic urticaria associated with familial lactose intolerance. J Am Acad Dermatol 47: 611-613
  8. Wang F et al. (2017) Aquagenic cutaneous disorders. J Dtsch Dermatol Ges 15:602-608.
     

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