Substanz P

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 22.01.2024

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Synonym(e)

CAS-Nr.: 33507-63-0; Substance P

Definition

Substanz P ist ein aus 11 Aminosäuren (Arg−Pro−Lys−Pro−Gln−Gln−Phe−Phe−Gly−Leu−Met−NH2) bestehendes Neuropeptid der Tachykiningruppe.  Neuropeptide der Tachykinin-Familie  werden von 2 Genen kodiert: Preprotachykinin-A (PPT-A) und Preprotachykinin-B (PPT-B). Substanz P wird vom PPT-A Gen translatiert. Substanz P bindet an spezifische Rezeptoren (Mantyh PW 2002).

4 Substanz-P- Rezeptor-Typen sind bekannt:

  • Neurokinin-1 Rezeptor, NK-1
  • Neurokinin-2 Rezeptor, NK-2
  • Neurokinin-3 Rezeptor, NK-3 und
  • Neurokinin-4 Rezeptor, NK-4.

Die Substanz P wird von Nervenzellen, aber auch von Leukozyten gebildet. Leukozyten exprimieren sowohl Substanz P als auch den Neurokinin-1 Rezeptor.

Allgemeine Information

Das Neuropeptid „Substanz P“ kommt in primär afferenten Neuronen vor und wird zusammen mit anderen Peptiden (z.B. Calcitonin gene related Peptide) und Glutamat als Cotransmitter dieser Nervenzellen angesehen. Es ist an verschiedenen physiologischen und pathologischen Prozessen, wie Lernen und Gedächtnis, Schmerzverarbeitung und affektiven Erkrankungen beteiligt. Substanz P bewirkt Schmerz über nosorezeptive Rezeptoren an sensiblen Nervenendigungen, Vasodilatation über glatte Muskelfasern und Speichelfluss.

Zentral  finden sich NK-1-Rezeptoren v.a. in limbischen Arealen wie der Amygdala, dem Septum, Hippocampus und Hypothalamus, wobei nur 5% to 7% der Neuronen NK-Rezeptoren exprimieren (Mantyh PW 2002).

Peripher ist Substanz P vor allem in enterischen (Satheeshkumar PS et al. 2014) und primär sensorischen Neuronen lokalisiert. Als Zielrezeptoren dienen im Gastrointestinaltrakt NK-1-, NK-2- und NK-3-Rezeptoren auf enterischen Neuronen, in glatter Muskulatur, Epithelien, Gefäßen und Immunzellen. NK-4-Rezeptoren finden sich überwiegend in Muskelgewebe und binden bevorzugt  Neurokinin A. 

Manifestation

Substanz P als Modulator inflammatorischer Prozesse: Substanz P ist ein Modulator inflammatorischer inklusive allergischer (Sun J et al. 2014) Prozesse, indem es professionelle Phagozyten (analog zu Tuftsin) stimuliert. Das Neuropeptid stimuliert weiterhin die „Alarmzytokine“ der Inflammation, so den Tumornekrosefaktor alpha, Interleukin-1, Interleukin-6  (Akute-Phase-Reaktion) und Prostaglandine. Im Axonreflex aktiviert Substanz P Mastzellen und induziert Histaminausschüttung.  Weiterhin reguliert  Substanz P die Chemotaxis von Leukozyten.

Immunkompetente Zellen werden physiologischerweise durch peptiderg innerviertes lymphoides Gewebe stimuliert. NK-Rezeptoren konnten durch Nachweis von mRNA auf B- und T-Lymphozyten sowie auf Monozyten und Makrophagen nachgewiesen werden (Mashaghi A et al. 2016). Substanz P kommt in neutrophilen und eosinophilen Granulozyten, in Monozyten/Makrophagen, in Leydig´schen Zellen sowie in Endothelien vor.

Substanz P stimuliert die Proliferation von T-Zellen und führt bei B-Lymphomzellen zu einer erhöhten Ig-Produktion. Makrophagen und Monozyten werden zur Sekretion verschiedener Zytokine wie etwa Interleukin-1, Interleukin-6, Interleukin-10, Interleukin-12 und TNF-alpha angeregt.

Substanz P fördert die Mastzelldegranulation. Weiterhin wird die Phagozytosefähigkeit neutrophiler Granulozyten und Makrophagen verstärkt. 

Entzündungsreaktionen werden durch Stimulation der Interleukin-8 Produktion in Makrophagen und Lymphozyten sowie durch Erhöhung der Superoxidproduktion durch SP beeinflusst. So ist Substanz P in chronisch entzündlichem Gewebe nachweisbar und verstärkt die inflammatorischen Effekte von Bradykinin und Prostaglandin E1. Daneben ist auch eine autokrine Stimulationsmöglichkeit von Lymphozyten über SP anzunehmen, da Lymphozyten und Makrophagen sowohl den NK-1-Rezeptor exprimieren als auch SP synthetisieren.

Auch im Abwehrsystem des Zentralnervensystems sind Interaktionen von Substanz P und immunkompetenten Zellen nachweisbar. So führt Substanz P in Astrozyten und Mikroglia zu einer erhöhten Produktion von Interleukin-1 und Interleukin-6. Substanz P erhöht die Prostaglandin-E- und Thromboxan-B2-Freisetzung aus Astrozyten. Dabei konnte gezeigt werden, dass Substanz P die p38 MAPK (Mitogen-aktivierte Protein Kinasen) dosis- und zeitabhängig aktiviert.

 

Hinweis(e)

Ein Überschuss an Substanz P wird als eine mögliche Ursache der Fibromyalgie diskutiert.

Das Substanz P/NK1-Rezeptorsystem kann die Proliferation and Migration von Tumorzellen induzieren. Weiterhin stimuliert es die Tumor-assoziierte Angiogenese. Entsprechende Antagonisten stellen potenzielle therapeutische Ansätze dar (Mander K et al. 2013)   

Capsaicin, eine Substanz aus Paprika und Chili, kann den Substanz P-Spiegel senken.

Ein weiterer Hinweis: Der Buchstabe P stand ursprünglich für engl. powder, weil die Substanz als Pulver vorlag, heute wird das P als pain (engl., „Schmerz“) interpretiert.

Literatur
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  1. de Avila ED et al. (2014)  Relationship between levels of neuropeptide Substance P in periodontal disease and chronic pain: a literature review. J Investig Clin Dent 5:91-97.
  2. Mander K et al. (2014) Advancing drug therapy for brain tumours: a current review of the pro-inflammatory peptide Substance P and its antagonists as anti-cancer agents. Recent Pat CNS Drug Discov 9:110-121.
  3. Mantyh PW (2002). Neurobiology of substance P and the NK1 receptor. J Clin Psychiatry 63 Suppl 11:6-10.
  4. Mashaghi A et al. (2016) Neuropeptide substance P and the immune response. Cell Mol Life Sci 73:4249-4264.
  5. Muñoz M et al. (2013) Involvement of substance P and the NK-1 receptor in cancer progression. Peptides 48:1-9.Satheeshkumar PS et al.(2014)  Tachykinin peptide, substance P, and its receptor NK-1R play an important role in alimentary tract mucosal inflammation during cytotoxic therapy. Dig Dis Sci 59:2864-2873.
  6. Sun J et al.(2014) Substance P at the neuro-immune crosstalk in the modulation of inflammation, asthma and antimicrobial host defense. Inflamm Allergy Drug Targets 13:112-120.
  7. Weinstock JV (2015) Substance P and the regulation of inflammation in infections and inflammatory bowel disease. Acta Physiol (Oxf) 213:453-461. 
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Zuletzt aktualisiert am: 22.01.2024