Holzstaubsensibilisierung L23.9

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 04.11.2016

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Definition

  • Holzstaub ist einerseits als potenziell krebserzeugend eingestuft, andererseits erhöht eine Holzstaubexposition das Risiko von Atemwegs- und Hauterkrankungen, die sowohl durch allergische als auch durch nicht-allergische Pathomechanismen verursacht sein können.
  • Beschäftigte in der holzverarbeitenden Industrie sind oft gegenüber einer Vielzahl verschiedener Hart- und Weich-Holzstäube exponiert. Die Holzstaubbelastung ist folglich eine primär berufliche Gefahrstoffquelle. Während in den 1970er-Jahren noch häufig über Fälle in der holzverarbeitenden Industrie berichtet wurde, beschränken sich die heutigen Fallberichte auf Hobbyschnitzer, Musiker und Personen nach Tragen von Schmuckstücken aus exotischem Holz. Dies ist einerseits auf die Einführung von besseren Absauganlagen in den Betrieben, aber auch auf den starken Rückgang der Importe exotischer Holzarten im Rahmen der Umweltbewegung aus Süd- und Mittelamerika andererseits zurückzuführen.

Einteilung

  • Im Gegensatz zu zahlreichen Holzarten, die überwiegend allergische Spättypreaktionen, d.h. Kontaktekzeme an der Haut hervorrufen, sind Hölzer mit einem hohen Proteingehalt (z.B. Abachiholz) effektive Atemwegssensibilisatoren für Rhinitis und Asthma.
  • Hölzer, die als Ursache von allergischen Kontaktekzemen beschrieben worden sind, kommen in erster Linie aus tropischen und subtropischen Regionen (Afrika, Asien, Süd- und Mittelamerika). Zu den hier potenten, allergenwirksamen Holzarten zählen:
    • Pao ferro (Machaerium scleroxylum)
    • Rio-Palisander (Dalbergia nigra)
    • Ostindischer Palisander (Dalbergia latifolia)
    • Teakholz (Tectona grandis)
    • Perobaholz (Paratecoma peroba)
    • Mansonia (Mansonia altissima).

Vorkommen/Epidemiologie

  • Europaweit sind rund 3 Millionen Beschäftigte gegenüber Holzstaub exponiert. In Deutschland sind es davon alleine etwa 700.000 Beschäftigte. Durch die Exposition mit Holzstäuben besteht bei all diesen Beschäftigten ein erhöhtes gesundheitliches Risiko.
  • Typ I-Allergien (führend sind Asthma und/oder Rhinitis) auf Hölzer sind selten. Einheimische Hölzer und Nadelhölzer sind hier als Allergieauslöser bislang weitgehend unbekannt. Die Häufigkeit einer Typ I-Sensibilisierung gegen Buchen- und Fichtenholz unter holzstaubexponierten Beschäftigten wird bspw. auf 3-5% geschätzt. Für Kiefernholz wird eine vergleichbar niedrige Sensibilisierungsprävalenz angenommen, wohingegen tropische Holzarten, wie bspw. Abachiholz, deutlich höhere Typ I-Sensibilisierungsprävalenzen von bis zu 30% hervorrufen.
  • Typ IV-Allergien - allergische Kontaktekzeme - durch Hölzer sind heutezutage gleichfalls selten anzutreffen.

Ätiopathogenese

  • Sensibilisierungen werden in der Regel entweder durch Holzstaub im Bereich der holzverarbeitenden Industrie oder durch intensiven Kontakt mit fertigen Holzprodukten, wie z.B. Holzschuhe, Musikinstrumente und Holzschmuck, erworben.
  • Sensibilisierungen gehen grundsätzlich von den Inhaltsstoffen des Kernholzes aus. Neben Alkaloiden, Glykosiden, Saponinen, Flavonoiden und Phenolen kommt den Benzo-, Naphtho-, Furano- und Phenanthrenchinonen eine wesentliche Bedeutung zu.

Lokalisation

An der Haut finden sich die Krankheitserscheinungen dort, wo die Holzstaubpartikel am intensivsten haften bzw. eine stärkere Durchfeuchtung gegeben ist: freiliegende Körperpartien wie Gesicht, Hals und Arme sowie Genitalregion und Gelenkbeugen.

Klinisches Bild

An der Haut entspricht das klinische Bild dem eines mit flächenhafter Rötung, Schwellung, Papeln und Bläschenbildung einhergehenden akuten Kontaktekzems. Subjektiv besteht meist starker Juckreiz, gelegentlich Brennen.

Diagnose

  • Die Diagnostik holzstaubbedingter allergischer Erkrankungen ist aufgrund fehlender Allergenextrakte zur Zeit nur bedingt möglich. Folglich ist auch eine Allergenidentifizierung oftmals kaum möglich.
  • Es liegt in der Vielfalt unterschiedlicher, potenzieller Holzallergene begründet, dass es kein einheitliches "Holzallergen" gibt, welches als Testsubstanz für den Nachweis von Typ I- und/oder Typ IV-Sensibilisierungen genutzt werden kann. Daher ist es erforderlich, für jede Expositionssituation angepasst jeweils individuelle Holzstaubextrakte der angeschuldigten Holzart zu untersuchen.
  • Nur sehr wenige kommerzielle Holzextrakte sind für in vivo Testungen verfügbar, deren Qualität zudem noch nicht standardisiert ist. Die Standardisierung von Holzextrakten ist aufwendig und schwierig. So haben ein und dieselbe Holzentität oftmals einen unterschiedlichen Allergengehalt in Abhängigkeit nicht nur von der Lagerdauer des Holzes sondern auch vom Herkunftsland.
  • Spezifisches IgE auf Hölzer kann bislang nur speziell hergestellt (bspw. ImmunoCAP der Firma Phadia, D-79010 Freiburg) analysiert und die IgE-Reaktivität durch Inhibitionstests spezifiziert werden. Die klinische Relevanz einer in vitro nachgewiesenen Sensibilisierung kann mittels Hauttest und in einem arbeitsplatzbezogenen Inhalationstest überprüft werden.
  • Als Testsubstanz für die Epikutantestung ist ein Holz-Mix 20,0% pet. (Kiefer, Fichte, Birke, Teakholz) über die Firma Chemotechnique Diagnostics, SE-235 39 Vellinge, kommerziell erhältlich. Ansonsten wird die Verwendung der reinen, sensibilisierend wirksamen Inhaltsstoffe der angeschuldigten Holzart empfohlen, was jedoch in den meisten Fällen in der Praxis kaum möglich sein wird. Häufig bleibt nichts anderes übrig, als Staub oder Späne der verwendeten Holzart für die Epikutantestung aufzubereiten:
    • Holzstaub nicht exotischer Holzarten kann mit physiologischer Kochsalzlösung angefeuchtet und so für die Epikutantestung verwendet werden.
    • Holzstaub exotischer Holzarten sollte in Vaseline in zumindest 10%iger Verdünnung für die Epikutantestung aufbereitet werden.
    • Auch können Ethanolextrakte des jeweiligen Holzes angefertigt und je nach Holzart 0,01-10%ig getestet werden. Zum Ausschluss von toxischen Testreaktionen ist eine ausreichende Zahl von Kontrolltestungen vorzunehmen!

Tabellen

Nr. Testsubstanz Konzentration [%]
1 Histamin (Positivkontrolle)
2 Physiologische Kochsalzlösung (Negativkontrolle)
3 Mahagoniholz 0,1
4 Kiefernholz 0,1
5 Kapok 0,1
6 Fichtenholz 0,1
7 Eichenholz 0,1
8 Baumwolle 0,1
9 Abachiholz 0,1
10 Buchenholz 0,1
11 Tannenholz 0,1
12 Nussbaumholz 0,1

Hinweis(e)

Notwendige Aufgabe bleibt, die weitere Identifizierung und Charakterisierung der Holzallergene voranzutreiben, um zukünftig eine sensitive und spezifische Diagnostik der Holzallergie durchführen und mögliche Kreuzreaktivitäten der verschiedenen Holzsorten evaluieren zu können.

Literatur
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  1. Frosch PJ, Geier J, Uter W, Goossens A (2011) Patch testing with the patients' own products. In: Johansen JD, Frosch PJ, Lepoittevin JP (eds) Contact Dermatitis. Springer-Verlag, Heidelberg Dordrecht London New York, pp 1107-1119
  2. Hausen BM (1982) Häufigkeit und Bedeutung toxischer und allergischer Kontaktdermatitiden durch Machaerium scleroxylum Tul. (Pao ferro), einem Ersatzholz für Palisander (Dalbergia nigra All.). Hautarzt 33: 321-328
  3. Kespohl S, Raulf-Heimsoth M (2010) Prävalenz von Holzstaubsensibilisierungen. IPA-Journal 3: 20-22
  4. Kespohl S, Raulf-Heimsoth M, Kotschy-Lang N, Maryska S, Brüning T (2009) Berufsbedingte IgE-vermittelte Nadelholzallergie - Nachweis einer klinischen Relevanz. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 44: 170-171
  5. Kespohl S, Schulze J, Raulf-Heimsoth M (2008) Holzstauballergene werden messbar. BGFA-Info 3: 10-11
  6. Schlünssen V, Skovsted TA, Schaumburg I, Skov PS, Sigsgaard T (2004) Wood dust sensitization among Danish woodworkers. Am J Ind Med 46: 408-409
  7. Schulz KH (1957) Allergische Kontaktdermatitis durch exotische Hölzer, insbesondere durch Kambala-Teakholz. Berufsdermatosen 5: 238-244
  8. Schulz KH, Hausen BM (1975) Kontaktekzeme durch Pflanzen und Hölzer. Hautarzt 26: 92-96
  9. Viardot-Helmer A, Merk HF, Hausen BM (2008) Spättypsensibilisierung gegen Ostindisch-Palisander. Hautarzt 59: 465-466

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