Exogen-allergische Alveolitis J67.9

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 03.01.2023

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Synonym(e)

Alveolitis exogen-allergische; EAA; Exogen allergische Alveolitis; extrinsic allergic alveolitis; Extrinsic allergic alveolitis; Hypersensitivitätspneumonitis; Hypersensitivity pneumonitis; Montagsfieber

Definition

Durch das Einatmen von organischen Stäuben kommt es bei genetisch dísponierten Personen  zu einer entzündlichen Hypersensititvitätsreaktion der Lunge. Die exogen-allergische Alveolitis kann eine meldepflichtige Berufskrankheit sein, wenn die Auslösung der Erkrankung durch berufliche Stoffe ausgelöst wird. Sie ist nach BK Nr. 4201 (exogen-allergische Aveolitis) oder nach BK Nr. 1315 (Isocyanat-Allergie) zu entschädigen (s.a. Berufskrankheiten der Lunge)

Vorkommen/Epidemiologie

Die exogen allergische Alveolitis wird zu den seltenen Krankheiten (orphan disease). Prävalenz <50/100.000. Inzidenz in Deutschland bei 2,5 Neuerkrankungen/100.000 Einwohner. Familiäres Auftreten ist bekannt. Die HLA-Antigene B8, DR3 und DRw6 sind in mäßiggradiger Frequenz erhöht. 

Ätiopathogenese

Die Ursache der Erkrankung ist eine meist berufliche, seltener private Exposition gegen unterschiedliche Substanzen in der Atemluft. Beschrieben sind > 300 auslösende Antigene. Dabei handelt es sich um pflanzliche (häufig Schimmelpilzproteine z.B. Aspergillus fumigatus - s.u. Aspergillose; Pflaenzensporen: z.B. Sporen durch Cryptostroma corticalis - Ahornrindenkrankheit ) - und bakterielle Proteine, Tierproteine (z.B. Exkremente oder Tierfellstäube), aber auch Chemikalien wie Isocyanide, Anhydride, Phthalsäureanhydrid, die als Stäube oder als Aerosole eingeatmet werden. Auch Repellenzien wie Pyrethrumextrakte (Diagnose: Pyrethrum Pneumonitis) können ursächlich sein.  

Beim Einatmen der Substanzen kommt es, bei entsprechender genetischer Disposition, zu einer kombinierten Immunkomplex- und zellgebundenen (Typ IV)- Immunreaktion mit Ausbildung von präzipitierenden Antikörpern vom Ig-Typ (TypIII-Allergie). Chronische Folge ist eine Lungenfibrose mit Cor pulmonale.

Manifestation

40-50 Jahre. 15% der Erkrankten sind Kinder. M:w=1:1; Nichtraucher erkranken häufiger als Raucher.  

Klinisches Bild

Akute EEA: Bei massiver Zufuhr des Allergens kommt, gegen das der Betroffene sensibilisiert ist - z.B. beim Umlagern von verschimmeltem Heu oder bei der Säuberung eines Taubenschlags. Hierbei kommt es innerhalb von 4-12 Stunden zu Atemnot, Reizhusten, Krankheitsgefühl mit Kopf-und Gliederschmerzen, hohem Fieber und ggfls. Schüttelfrost. Diese Akutbeschwerden klingen nach wenigen Tagen ohne Therapie ab. Bei Meidung des Allergens, vollständige Heilung möglich,

Chronische EAA: Bei permanentem oder intermittierendem Kontakt mit kleinen Allergenmengen (z.B. bei Haltern von Ziervögel in der Wohnung) kommt es zu einer chronischen Symptomatik mit: Dyspnoe (85%), Husten (82%), Frösteln (56%), Auswurf (51%) sowie weiteren unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit, allmählichem Leistungsabfall, Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme. 

Unterschiedlich benannte Krankeitsbilder je nach Allergen:

Tierische Proteine:

  • Vogelhalter-/Vogelzüchterlunge (am häufigsten): ursächlich sind versch. Vogelproteine aus Exkrementen. Als Antigenquelle kommen Wellensittiche, Kanarienvögel, Truthähne. Tauen, Hühner in Frage.
  • Tierhändlerlunge: verschiedene Tierproteine (meist Exkremente). Antigenquelle: Ratten, Wühlmäuse
  • Laborantenlunge: verschiedene Tierproteine (meist Exkremente, auch Tierfellstäube): Antigenquelle: versch. Labortiere.  

Mikroorganismen:

  • Farmerlunge (am zweithäufigsten): ursächlich sind Aktinomyzeten. Antigenquelle: schimmeliges Heu oder Silage.
  • Befeuchterlunge: ursächlich sind Aktinomyzeten (z.B. Thermoactinomyces vulgaris). Antigenquelle: z.B. kontaminierte Luftbefeuchter, kontaminierte Zierbrunnen u.a.
  • Malz- und Papierarbeiterlunge: Schimmelpilzsporen. Antigenquelle: schimmelige Gerste oder Malz.
  • Hot-tub-lung: Mycobacterium avium. Antigenquelle: Whirlpool
  • Salamiwäscherlunge: Penicillum candidum

Pflanzliche Allergene:

  • Pflanzliche Allergene verursachen meist eine IgE-vermittelte Allergie. Seltener können Holzstäube, Getreide- oder Soja-, Zwiebel-oder Kartoffel-Stäube Auslöser einer exogen-allergischen Alveolitis.  

Chemische Stoffe:

  • Chemiearbeiterlunge: Isocyanate, Anhydride. Antigenquelle: Polyurethanschaum-Herstellung, Sprayfarben, Zweikomponentenklebstoffe
  • Epoxidharzlunge: Phthalsäureanhydrid. Antigenquelle: erhitzte Epoxidharze 

Arzneimittel:

  • Arzneimittellunge: auslösend sind Amiodaron, Methotrexat (MTX-Lunge), Nitrofurantoin. Selten sind Impfstoffe auslösende Ursache.   

 

Bildgebung

Noduläre und retikulonoduläre Infiltrate, milchglasartige Trübungen des Parenchyms. Bei chronischem Verlauf zunehmend Fibrose

Labor

Leukozytose, BSG erhöht.

Nachweis von IgG-Antiköpern (nicht IgE-Antikörper) gegen das ursächliche Antigen. Bemerkung: wichtiges Kriterium in der Diagnistik (Raulf M et al. 2017) derartige Antikörper können auch bei gesunden lediglich exponierten Personen auftreten. Keine Bluteosinophilie! 

Bronchoalveoläre Lavage (BAL): hochsensitiv. Eine normale BAl schließt die Erkrankung aus. Erhöhte Gesamtzahl an Lymphozyten (>30%), weiterhin Plasmazellen und Schaumzellen.  

Diagnose

Bildgebung: im akuten oder subakuten Stadium evtl. unauffällig oder fleckige Infiltrate. Im chronischen Stadium Nachweis von Infiltraten.

Lufu: Restriktive Ventilationsstörung mit Verminderung der Vitalkapazität und der Diffusionskapazität.

Bronchoalveoläre Lavage (BAL): bei der akuten Alveolitis: neutrophile Granulzyteninfiltrationen. In der chronischen Phase kann eine CD8-Lymphozytose gefunden werden.

Provokationstest (kontrolliertes Einatmen des vermuteten Antigens): wird in der Regel vermieden.

Lungenbiopsie: nur bei unklaren Fällen

 

Haupt-und Nebenkriterien der exogen-allergischen Alveolitis (n. Sennekamp et al.)

Hauptkriterien

  • Antigen-Exposition
  • Expositions-und/oder zeitabhängige Symptome
  • Sklerophonie (Knisterrasseln)
  • Spezifische IgG-Antikröper im Serum
  • Röntgenzeichen der EAA, ggf. im HRCT
  • pO2 in Ruhe und/oder bei Belastung erniedrigt oder DLCO eingeschränkt.

Nebenkriterien

  • Lymphozyten in der BAL
  • Mit  EAA zu vereinbarem histologischem Befund
  • Positiver Karenztest
  • Positive inhalative Expositions-oder Provokationstestung

Werden alle Hauptkriterien erfüllt gilt die Diagnose als gesichert. Fehlt eines der Hauptkriterien so kann es durch ein Nebenkriterium ersetzt werden.

Differentialdiagnose

Die wichtigste Differentialdiagnose ist die Abgrenzung zu einem allergischen Asthma bronchiale (Asthmatiker haben meist eine positive Familienanamnese. Die klinische Symptomatik des allergischen Asthmas tritt sofort (wenige Minuten) nach Antigenkontakt auf. Die Lunge ist überbläht; Antikörper vom IgE-Typ sind meist nachweisbar. 

Therapie allgemein

Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Allergenkarenz. Bei manchen Allergenen ist nicht nur die berufliche Exposition zu vermeiden, sondern auch eine mögliche in dem privaten Umfeld (z.B. bei Schimmelpilzallergenen).  Wenn die Ursache gefunden wird und gemieden werden kann, ist die Prognose der akuten exogen-allergischen Alveolitis sehr gut. Es kommt in aller Regel zu einer kompletten Abheilung.

Wird die Ursache nicht erkannt oder kann sie nicht ausreichend gemieden werden, kann bei chronischem Verlauf Lungenfibrose mit einem Cor pulmonale auftreten.

Berufliche Auswirkungen: Wird ein Zusammenhang mit einer beruflichen Exposition gefunden so ist die zuständige Berufsgenossenschaft zu informieren um ein berufsgenossenschaftliches Verfahren einzuleiten mit der Einleitung geeigneter Arbeitsschutzmaßnahmen bzw. wenn diese nicht ausreichen mit der Durchführung eines Berufswechsel. Bei Vorliegen einer Berufskrankheit nach Bk Nr.4201 sind die entstehenden Kosten von der zuständigen Berufsgenossenschaft zu tragen.

Verlauf/Prognose

Bei der chronischen Form der EAA ist die Prognose schlechter als bei der akuten, da die fibrotischen Veränderungen des Lungengerüsts auch bei Meiden des Allergens persistieren können. Bei schwerem Verlauf kann die EAA in eine fortschreitende Lungenfibrose übergehen. 

Literatur
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  1. Costa T et al.(2009) Extrinsic allergic alveolitis with an atypical immune expression. Rev Port Pneumol 15:313-318.
  2. Fishwick D (2012) New occupational and environmental causes of asthma and extrinsic  allergic alveolitis. Clin Chest Med 33:605-616.
  3. Mejía-Lozano P et al.(2014) Extrinsic allergic alveolitis in cheese scrubbers. Med Clin (Barc) 142:376-367.
  4. Merget R et al. (2008) Occupational hypersensitivity pneumonitis due to molds in an onion and potato sorter. Am J Ind Med 51:117-119.
  5. Raulf M et al. (2017) Referenzwerte für die spezifische IgG-Bestimmung gegen typische Antigene der exogen allergischen Alveolitis. Aktuelle Daten einer Mulitzenterstudie. Allergi J Int 26: 73 
  6. Sennekamp J et al. (2007) Guidelines for diagnosing extrinsic allergic alveolitis (hypersensitivity pneumonitis) (German Extrinsic Allergic Alveolitis Study Group). Pneumologie 61:52-56.
  7. Sennekamp J et al. (2016) Exogen-allergische Alveolitis von inhalierten Schimmelpilzen bei beruflicher Zwiebel- und Kartoffel-Verarbeitung-Zwiebelsortierer-und Kartoffelarbeiter-Alveolitis. Allergo J Int 25:16-21
  8. Wang P et al.(2009) Clinical features and  prognosis in 21 patients with extrinsic allergic alveolitis. Chin Med Sci J 24:202-207.

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