CXCL4

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 24.10.2017

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Synonym(e)

chemokine (C-X-C motif) ligand 4; C-X-C motif chemokine 4; Iroplact; Oncostatin-A; Platelet factor 4

Allgemeine Information

Chemokine, eine Untergruppe der Zytokine, sind kleine (Größe zwischen 8 und 10 kDa), chemotaktisch wirksame Proteine (Signalproteine). Sie sind bei allen Vertebraten, bei einigen Virusarten und Bakterien verbreitet. Beim Menschen sind derzeit etwa 50 Chemokine bekannt. Ein stark konserviertes Strukturmerkmal aller Chemokine ist eine fixe Gruppe von Cysteinresten, die über 1 oder 2 Disulfidbrücken stabilisiert wird.  Diese strukturelle Schlüsselstellung im Molekül ist für ihre fixe 3-dimensionale Struktur verantwortlich (s.u. Chemokine).

Bei den CC-Chemokinen folgen die Cysteine direkt aufeinander , bei den CXC-Chemokinen sind sie durch 1 (s. Abb.), bei den CXXXC-Chemokinen durch  3 andere Aminosäure getrennt. Chemokine werden von einer Vielzahl von Immunzellen produziert und sezerniert. Sie vermitteln ihre Signale mittels spezifischer Chemokin-Rezeptoren über G-Proteine. Einige Chemokine wirken proinflammatorisch, andere wirken regulativ bei Entstehung und Homöostase von Geweben. 

Erhöhte Chemokinexpressionen finden sich u.a. bei chronisch entzündlichen Erkrankungen wie der HIV-Infektion, bei atopischem EkzemAsthma bronchialeRhinitis allergica und Psoriasis vulgaris. Eine positive Rolle spielen Chemokine z.B. bei der Wundheilung, der Hämatopoese (Blutbildung) oder der Abwehr von Infektionen. Die Tatsache, dass Chemokinrezeptoren nicht nur auf Entzündungszellen, sondern auch auf Tumorzellen und Endothelzellen vorhanden sind, legt die Vermutung nahe, dass sie auch an der Migration von Tumorzellen bzw. dem Metastasierungsverhalten der verschiedenen Tumore beteiligt sind.

CXCL4, auch  „chemokine (C-X-C motif) ligand 4“ oder auch Platelet factor 4 (PF4) ist ein kleines Protein aus der Gruppe der CXC-Chemokine. CXCL4 bindet an eine Variante des Chemokin-Rezeptors CXCR3 (CXCR3B) sowie an Glycosaminoglykane (GAG). Kodiert wird das Chemokinprotein durch das PF4-Gen, das auf dem Chromosom 4q13.3 lokalisiert ist. 

Vorkommen

CXCL4 wird aus den alpha-Granula von aktivierten Thrombozyten freigesetzt und bindet mit einer hohen Affinität an Heparin.  Die Hauptfunktion von CXCL4 liegt in der Neutralisation von Heparin-artigen Substanzen auf der Oberfläche der Endothelien von Blutgefäßen. Über diese Funktion inhibiert CXCL4 während der Aggregationsphase der Thrombozyten die Antithrombin III –Aktivität und prozessiert die Koagulation (s.a. unter Plättchenfaktor 4). Weiterhin inhibiert CXCL4 die Proliferation und Migration von Endothelien. Das Chemokin supprimiert die Angiogenese. Weiterhin wirkt CXCL4  als Chemoattraktant für neutrophile Granulozyten, Monozyten und Fibroblasten.

CXCL4 aggregiert mit Herparin zu einem PF4/Heparin- Komplex. Dieser Komplex stellt das Antigen bei dem Typ II der Heparin-induzierten Thrombozytopenie dar (HIT II – D69.58). Bei zuvor sensibilisierten Patienten kommt es innerhalb von wenigen Stunden nach der Heparingabe zu einem Thrombozytenabfall (>50% des Ausgangswertes), klinisch zu einem  „White clot syndrome“ mit Auftreten von lebensbedrohlichen Thrombosen. Verhältnis von venösen : arteriellen Thrombosen = 5:1, am häufigsten Lungenembolien.   

Bei der systemischen Sklerose (Sklerodermie) sind die Serum-Werte von CXCL4 deutlich erhöht. Der Serumspiegel korrelierte in einer Studie mit der Progression und dem Ausmaß der Komplikationen wie Lungenfibrose pulmonaler arterieller Hypertonie. Möglicherweise erweist sich dieses Chemokin als verlässlicher Biomarker für diese Erkrankung.       

Der CCXCL4/Heparin-Komplex (syn: Plättchenfaktor 4/Heparin-Komplex) ist hochreguliert bei der Leberzirrhose.

CXCL4 tötet Malaria-Erregern innerhalb von Erythrozyten ab durch Lysierung der digestiven Vakuolen der Parasiten.

CXCL4L1 scheint jedoch auch eine Funktion in der Pathogenese von malignen Tumoren einzunehmen. So wird eine Variante des CXCL4-Gens, das CXCL4L1-Gen, beim primären Pankreaskarzinom wie auch bei seinen Metastaen hochgradig exprimiert. Die Bedeutung dieses Befundes bleibt abzuwarten.

Literatur
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