Anaphylaxie T78.2

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. Florian Weid

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Zuletzt aktualisiert am: 03.11.2020

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Synonym(e)

Anaphylaktische Reaktion; Anaphylaktische Reaktionen; Anaphylaktischer Schock; Anaphylaktoide Reaktion; Anaphylaxis

Erstbeschreiber

Richet u. Portier, 1902

Definition

Anaphylaxie ist die Maximalvariante der allergischen Sofortreaktion, die als akut einsetzende und potenziell tödlich verlaufende mastzellabhängige, systemische Reaktion den gesamten Organismus erfassen kann. Nach Sampson ist eine Anaphylaxie (anaphylaktische Reaktion) durch das Auftreten von Symptomen an 2 bzw. >2 Organsystemen gekennzeichnet , die innerhalb weniger Minuten bis Stunden nach einem Kontakt mit einem bekannten allergologischen Trigger einsetzen. Sie ist von kurzer Dauer.

Selten wurde eine anaphylaktisch Reaktion durch zirkulierende Immunkomplexe ausgelöst. Eine Anaphylaxie kann auch durch einen nicht-allergischen Mechanismus (direkte Freisetzung von Mediatoren) ausgelöst werden (keine vorausgehende Sensibilisierung). Diese Reaktionen werden als "pseudoallergische Anaphylaxie oder nicht-immunologische Anaphylaxie" bezeichnet.  

 

Nach Ring und Messmer gilt folgende klinische Einteilung des Schweregrades einer Anaphylaxie:

Stadium I Hauterscheinung und oder leichte Temperaturerhöhung
Stadium II nachweisbare, aber nicht lebensgefährdende kardiovaskuläre Reaktion (Tachykardie, Blutdruckabfall)
Stadium III Schock (schwere Hypotension, Blässe), Bronchospasmus mit bedrohlicher Dyspnoe, Bewusstseinseintrübung, -verlust; ggf. mit Stuhl- und Urinabgang
Stadium IV Herz-Kreislauf-Stillstand

Einteilung

Unterschieden werden:

Alle klinischen Reaktionen verlaufen unter einem identischen Bild.

Vorkommen/Epidemiologie

Prävalenzzahlen werden meist ungenau wiedergegeben und liegen in der Allgemeinbevölkerung zwischen 1,5-15%. Etwa 3% der Bevölkerung sind von einer Bienen- oder Wespengiftanaphylaxie betroffen. Neben Insektengiften sind Nahrungsmittel, Arzneistoffe, Naturlatex, körperliche Anstrengungen sowie physikalische Faktoren (Kälte/Wärme) die häufigsten Auslöser einer Anaphylaxie. Das Auslöserspektrum ist bei Kindern und Erwachsenen unterschiedlich:

  • bei Kindern sind Nahrungsmittel
    • Kinder < 6 Jahre: Hühnereiweiß und Milcheiweiß
    • Kinder > 6 Jahre: Baumnüsse, Erdnüsse
  • bei Erwachsenen sind Insektengifte und Medikamente die häufigsten Auslöser einer Anaphylaxie.

Auch bei den durch Medikamente ausgelösten Anaphylaxien gibt es altersbedingte unterschiedliche Auslöser:

  • Kinder: Beta-Laktamantibiotika
  • Erwachsene: NSAID

Ätiopathogenese

Der zentrale initiale Mechanismus klassischer, IgE-vermittelter Anaphylaxie ist die Aktivierung von Mastzellen und basophilen Granulozyten. Hierbei werden zahlreiche Mediatoren wie HistaminProstaglandineLeukotrieneTryptasen schlagartig (on/off-Reaktion) freigesetzt. Folge sind u.a. Gefäßerweiterungen und Permeabilitätsteigerungen, Kontraktionen der glatten Muskulatur (Bronchien, Gastrointestinaltrakt, Koronararterien), Vagusaktivierung sowie Aktivierung des Kinin-Kallikrein-Signalweges, des Komplementsystems und Gerinnungssystems.

Kofaktoren der Anaphylaxie sind Einflussfaktoren, die die Schwelle zu einer anaphylaktischen Reaktion vermindern können. Hierzu gehören nichtsteroidale Antiphlogistika, ACE-Hemmer, Beta-Blocker (s.a. Intoleranzreaktion), Alkohol, Infekte, Anstrengungen.

Neben IgE können auch Immunkomplexe eine Anaphylaxie auslösen.

Bei den Intoleranzreaktionen führen chemische, physikalische und osmotische Stimuli zur Freisetzung der Mediator-Substanzen aus Mastzellen und basophilen Granulozyten. Hierbei sind die initiierenden Mechanismen weitgehend ungeklärt.

Nicht selten treten Anaphylaxien nur beim Zusammentreffen mit einem oder mehreren Ko-Faktoren auf (z.B. Nahrungsmittel + Acetylsalicylsäure + Alkohol; Nahrungsmittel + Acetylsalicylsäure + Anstrengung; Nahrungsmittel + Acetylsalicylsäure + systemische Mastozytose). Diese Konstellationen sind besonders schwierig zu diagnostizieren, da sie nur in den betreffenden Kombinationen klinisch apparent werden..

Klinisches Bild

Therapie

Hinweis(e)

Anaphylaxie und Atopie sind keine synonymen Begriffe. Atopie bezeichnet eine Eigenschaft, Anaphylaxie eine Reaktion.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Brockow K et al. (2016) Versorgung von Patienten mit Anaphylaxie-Möglichkeiten und Defizite. Allergo J Int 25: 38-46
  2. Pfeffer I et al. (2011) Acetylsalicylsäure - abhängige Anaphylaxie auf Karotte bei Mastozytose. JDDG 9: 230-231
  3. Przybilla B et al. (2007) Anaphylaxie. Hautarzt 58: 1025-1031
  4. Richet C, Portier P (1902) De l'action anaphylactique de certain venins. Comptes rendus de la Société de biologie (Paris) 54: 170-172
  5. Richet C (1907) De l'anaphylaxie en général et de l'anaphylaxie par le mytilo-congestine en particulier. Annales de l'Institut Pasteur (Paris) 21: 497-524
  6. Richet C (1908) De l'anaphylaxie et des toxogénines. Annales de l'Institut Pasteur (Paris) 22: 465-495
  7. Simon J (2014) Der allergologische Notfall. JDDG 12: 379-388

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