Analekzem kontaktallergisches L23.8

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 20.11.2017

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Synonym(e)

Afterekzem; allergische Kontaktdermatitis des Afters; allergisches Analekzem; chronisches Analekzem; gentio-anales Kontaktekzem; kontaktallergisches Analekzem; kontaktallergisches Ekzem des Afters

Definition

  • Akut, subakut oder chronisch verlaufende Dermatitis des Anoderms, der Anal- und Perianalhaut, ursächlich bedingt durch eine Kontaktallergie.
  • Häufig assoziiert mit Hämorrhoidalleiden, intestinaler Candidose, fehlerhafter Analhygiene, Parasitosen, Adipositas und Hyperhidrose, anatomischen Fehlbildungen, z.B. Trichteranus.
  • Das hierdurch induzierte "Symptom des feuchten und juckenden Afters" führt zu einer mit Brennen und quälendem notorischen Pruritus vergesellschafteten mazerativen Dermatitis, die wiederum eine Kontaktallergie begünstigt.

Vorkommen/Epidemiologie

Etwa 40% aller Analekzeme werden durch Kontaktallergien ausgelöst. In einer größeren Übersicht konnte bei der Zuweisungsdiagnose "Anogenitaldermatose" nur in etwa 25% der Fälle die Diagnose des allergischen Kontaktekzems gestellt werden. Bei etwa 12% wurde eine chronisch irritative Analdermatitis diaganostiziert. Nicht selten liegt eine banale Intertrigo oder eine Candidose vor (Kügler 2005). 

Ätiopathogenese

V.a. ausgelöst durch Gebrauch von Hautpflegemitteln, Intimsprays, Toilettenpapier und Proktologika, insbes. bei Langzeitgebrauch.

Als auslösende Allergene werden v.a. Cinchocain-HCl 6,3%, Mafenid 2,3%, Hexylresorcin 2%, Lidocain-HCl 1,4%, Albothyl 0,6%, Kamillenextrakt 0,6%, Chininsulfat 0,3% und Menthol 0,3% nachgewiesen. Zunehmend wird auch eine "Toilettenpapierallergie" beobachtet: Die allergische Potenz bei Verwendung von weißem Zellulosepapier ist sehr gering, steigt aber bei dem Gebrauch von feuchtem, recyceltem oder gefärbtem Toilettenpapier deutlich an. Hier werden v.a. Kathon C6 und Euxyl K400 nachgewiesen.

Dagegen scheinen Ihaltsstoffe von Waschmitteln eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Klinisches Bild

Im akuten Stadium meist scharf auf den Kontaktbereich begrenztes, intensives Erythem der Anal- und Perianalregion mit punktförmigen und flächigen Erosionen, Rhagaden, strichförmigen Kratzspuren als Ausdruck des meist heftigen Juckreizes.

Im chronischen Stadium bei meist persistierendem Juckreiz, zunehmende Lichenifikation mit Vergröberung der Radiärfältelung, mazerierten Arealen, bizarren rhagadiformen und auch flächigen Erosionen; daneben Kratzeffekte.

Das klinische Bild variiert in Abhängigkeit vom klinischen Stadium (akut, subakut, chronisch). Keine Schuppung.

Diagnose

  • Epikutantest entsprechend der Richtlinien der Deutschen Kontaktallergiegruppe (DKG). V.a. Austestung von Konservierungszusätzen, Duftstoffen (häufig!), externen Wirkstoffen (insbes. in Proktologika, wie z.B. Mafenid, Hexylresorcin, Lidocain, Albothyl, Kamillenextrakt, Chininsulfat, Menthol), Allergenen in Salbengrundlagen (z.B. Wollwachsalkohol), Intimsprays, Toilettenpapieren (Kathon C6, Euxyl K 500), Puder, Depilatoren, Kondomen, Gleitmitteln, Desinfizienzien.
  • Stuhluntersuchung auf Parasiten (Tesafilm-Abriss) und Hefen!
  • Proktologische Untersuchung mit Ausschluss von Hämorrhoiden.
  • Ausschluss sonstiger zum Krankheitsbild des Analekzems führenden Erkrankungen (s.u. Ekzem, Analekzem).

Therapie

  • Schon bei Verdacht alle Externa absetzen.
  • Bei akutem nässendem Analekzem: Kurzfristige Anwendung von nicht reizenden (Vermeidung von Polyglykol-haltigen Salbengrundlagen, Brennen auf nässenden Flächen!) topischen Glukokortikoiden (z.B. 0,1% Triamcinolonacetonid in Vaseline); Reinigung mit Olivenöl; seifenfreies Analduschen, Sitzbäder mit synthetischen Gerbstoffen (z.B. Tannosynt flüssig, Tannolact). Bei mikrobieller Überlagerung Kaliumpermanganat-Sitzbäder.
  • Bei irritativ-toxischer Überlagerung: Behandlung und Beseitigung der zugrunde liegenden Auslösemechanismen. Hierzu gehören: Hämorrhoidalleiden, Diarrhoe, Marisken, Wurmerkrankung.
  • Beim chronischen Analekzem eignen sich als Grundlage möglichst indifferente, fette Salben wie z.B. Vaselinum alb. Zeitlich begrenzte Lokalmaßnahmen mit niedrig potenten Glukokortikoiden wie Hydrocortison 0,5-1% (z.B. Hydro-Wolff, R120 ) sind sinnvoll.
  • Cave! Patienten sind häufig langzeitig mit Kortikoidexterna vorbehandelt!
  • Dauerhaft ist eine Lokaltherapie mit wenig sensibilisierenden, antiphlogistischen Externa (z.B. 1-5% Ichthyol) in nicht reizenden Grundlagen anzustreben. Ergänzend: Sitzbäder mit synthetischen Gerbstoffen (z.B. Tannosynt flüssig, Tannolact), seifenfreies Analduschen. Von allgemeiner Bedeutung ist eine Diät: Vermeidung scharf gewürzter Speisen, Vermeidung stark Fruchtsäure-haltiger Speisen.
  • Merke! Für die Grundlage gilt: Je fetter, desto besser! Möglichst allergologisch indifferent!

Tabellen

Häufige Auslöser eines Analekzems

Körperreinigungmittel

Seifen, Waschlotionen, Duschgels, Toilettenpapier, Feuchttücher, Konservierungsstoffe, Duftstoffe!

Körperpflegemittel

Cremes, Bodylotions

Waschmittel

Duftstoffe, Perubalsam!

Therapeutika

Hämorrhoidenmittel (Grundlagen, Konservierungsstoffe, Lokalanästhetika!), Glukokortikoide

Gewürze

Pfeffer, Curry, Paprika u.a. (Typ I- und Typ IV-Sensibilisierungen)

Literatur
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  1. Kügler K et al. (2005) Anogenital dermatoses--allergic and irritative causative factors. Analysis of IVDK data and review of the literature. J Dtsch Dermatol Ges 3:979-986.
     
  2. Proske S et al. (2004) Das Analekzem und seine benignen Simulatoren. Hautarzt 55: 259-264
  3. Rajalakshmi R et al. (2011) Lichen simplex chronicus of anogenital region: a clinico-etiological study. Indian J Dermatol Venereol Leprol 77:28-36

  4. Weisshaar E (2015) Genitoanal pruritus. Hautarzt 66:53-59

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